Heilung ist, wenn wir das, was wir fühlen, nicht mehr verändern müssen.

Analytische Gestalttherapie ist eine ganzheitliche prozessorientierte Therapie. Sie geht davon aus, dass offene innere Gestalten unser gegenwärtiges Leben prägen. Offene Gestalten sind z. B. unerfüllte Bedürfnisse, ungelöste innere Konflikte, unerwünschte Gefühle oder nicht verarbeitete Erlebnisse. Das bedeutet, wir nehmen unser Leben quasi durch eine Brille nicht abgeschlossener innerer Vorgänge wahr, die noch erledigt werden wollen. Der Organismus ist ständig bemüht, diese Gestalten zu schließen, um das Leben als sinnvolles Ganzes erleben zu können, oder sie zurückzudrängen, um nicht ständig im Schmerz leben zu müssen. Beides kostet uns viel Energie. In der Analytischen Gestalttherapie widmen wir uns im therapeutischen Prozess den offenen Gestalten, indem wir sie im Hier und Jetzt erlebbar machen. Alte Wunden können heilen, wir gewinnen Energie zurück und wir legen die alte Brille ab und können die Welt mit anderen Augen sehen.

Der Organismus weiß alles, aber wir wissen nur sehr wenig.
Unsere Intuition ist die Intelligenz des Organismus.
Fritz Perls

Analytische Gestalttherapie ist eine sanfte und geduldige Therapie. Sie führt auf eine sehr lebendige Weise zu einer tiefen, mitfühlenden Begegnung mit uns selbst und anderen. Ihre wesentliche Aufforderung liegt darin, sich auf einen Prozess der Selbsterkenntnis einzulassen. Sie fördert die Vielseitigkeit von und in Menschen. Dabei geht sie erfahrungsorientiert, existenziell und experimentell vor – das eigene unmittelbare Erleben steht im Zentrum des Heilungsprozesses. Analytische Gestalttherapie arbeitet im respektvollen vorurteilsfreien Raum und verzichtet weitgehend auf drängende Konfrontationen oder vorgegebene Deutungen. Aus Erfahrung wissen wir, dass eine akzeptierende und unterstützende Atmosphäre die Bearbeitung eigener tiefer Gefühle und Ängste erst ermöglicht und optimal begleiten kann.

Man muss den Dingen die eigene ungestörte Entwicklung lassen,
die tief vom Inneren kommen muss
und durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann.
Man muss Geduld haben gegen das Ungelöste im Herzen und versuchen,
die Fragen selbst liebzuhaben – wie verschlossene Stuben und wie Bücher,
die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.
Rainer Maria Rilke

Als wissenschaftliches Psychotherapieverfahren ist die Analytische Gestalttherapie beeinflusst von den Grundannahmen der Psychoanalyse, von den phänomenologischen und existenziellen Philosophien des 20. Jahrhunderts sowie gestaltpsychologischen Erkenntnissen und humanistisch-psychologischen Strömungen.

Fritz und Lore Perls – den Begründern der Gestalttherapie – ist es gelungen, diese Strömungen in einem ganzheitlichen psychotherapeutischen Konzept zu vereinen. Erweitert wurde die Analytische Gestalttherapie durch die Arbeit von Stuart Alpert und Naomi Bressette-Alpert (HFI), USA, um dann vom Team des Analytischen Gestaltinstituts, Bonn, nach Deutschland gebracht zu werden. Alle diese Ansätze verbindet die tiefe Überzeugung, dass Veränderung und inneres Wachstum auch in leidvollen Zeiten möglich sind – z. B., wenn wir uns unverstanden, isoliert und einsam fühlen, wenn wir das Gefühl haben, dass uns das tägliche Leben überfordert, oder wenn wir festgefahren sind.

Ein Therapeut sucht ununterbrochen nach Möglichkeiten,
mit dem Wie der Ereignisse, die in der Gegenwart geschehen, in Kontakt zu treten.
Fritz Perls

Analytische Gestalttherapie versteht festgefahrene und automatisierte Lebensspuren aus einer ganzheitlichen Perspektive als kreativen Anpassungsversuch an die Bedingungen unserer Umwelt.  Wir gehen davon aus, dass psychische Auffälligkeiten nur im Gesamtzusammenhang mit der individuellen Geschichte begreiflich werden. Viele Probleme, Krisen, Ängste und schwierige Alltagssituationen sind nachvollziehbar, wenn die dahinter liegenden Verstrickungen sichtbar werden. Aus der Perspektive der Analytischen Gestalttherapie verbirgt sich in einem Symptom eine verdeckte Botschaft, deren Bedeutung wir schrittweise gemeinsam mit dem Klienten erforschen und erschließen.

All unsere Umtriebigkeit, all das, was wir tun, um zu verhindern,
dass das Leiden in die obere Bewusstseinsschicht dringt,
vermehrt nur das Leiden und treibt es auf die Spitze. Wirklich ein Teufelskreis.
Man muss da heraus, diesen Kreis sprengen.
Dazu steigt man am besten kurz wieder in den Keller hinab.
Ja, es stimmt, dort lagern diese Leidenskomplexe, aber wenn wir es gelernt haben, tief zu schauen,
gibt es dort auch, und das haben wir vergessen, all die positiven Samenkörner,
die ebenfalls auf die Gelegenheiten warten, in Erscheinung zu treten.
Sie werden uns helfen.
Thich Naht Hanh

Analytische Gestalttherapie ist eine direktive Therapie. Durch die freundliche und liebevolle Annahme dessen, was sich im Hier und Jetzt zeigt, verbessert Analytische Gestalttherapie die Fähigkeit, Probleme erfolgreich zu lösen. Sie fördert die Einsicht in Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster, die unter alltäglichen Bedingungen routiniert ablaufen. Dabei fokussiert sie Ressourcen und respektiert die Wertvorstellungen des Klienten. Damit wird Analytische Gestalttherapie zu einer Reise zum eigenen Selbst, in der persönliche und individuelle Heilungsprozesse behutsam begleitet werden. Diese bewusste Reise in der Absicht, tiefgreifende Veränderung zu erfahren, wird häufig als etwas Besonderes erlebt. Offene Gestalten werden geschlossen, schmerzhafte Gefühle integriert, Konflikte aufgelöst und die eigene Sinnhaftigkeit wird spürbar. Gebundene Energien werden freigesetzt und es entstehen Räume für Entschleunigung, Humor, Stille, Lachen, seelische Entspannung und Lebensfreude. 

Zu einem grundlegenden Verstehen des eigenen Inneren
kommt es nicht durch Wissen oder durch das Sammeln von Erfahrungen.
Sich selbst zu verstehen geschieht von Augenblick zu Augenblick.
Kirshnamurti

Analytische Gestalttherapie vertieft die Kompetenz in Sozialarbeit, Pädagogik, Medizin und Seelsorge. Sie enfaltet nicht nur als psychotherapeutisches Verfahren ihre Wirkung, sondern ermöglicht die eigene Persönlichkeitsentwicklung und in der Folge ein tieferes Verstehen für andere Menschen. Davon profitieren auch Berufe wie HeilpraktikerInnen, Ergo- und LogotherapeutInnen und PhysiotherapeutInnen, TrauerbegleiterInnen und LaienhelferInnen.